Hermann Lindner

Bildfindung
ist nur möglich durch Emotion, durch innere Erregung. Die Schwierigkeit, Emotionen bildhaft freizusetzen, bei gleichzeitiger Kontrolle (Beherrschung) durch den Verstand, ohne das Gefühlsmäßige einzuengen, ist die eigentliche Schwierigkeit. Eine vielschichtige Vorarbeit ist nötig (gezielte Studien), damit im herangereiften Zustand dem gefühlsmäßigen Tun keine unüberbrückbaren Hindernisse im Wege stehen. Das muß die zukünftige Methode sein, eigentlich eine uralte Erkenntnis, die immer wieder aus Mangel an Geduld nicht genug beachtet wird.
Seit Jahrzehnten wohl mein größter Fehler.
16.3.98

Das Licht,
fließt über die Fläche, wandelt sich farbig, bleibt immer abstrakt. Die Dinglichkeit erscheint im Licht stets verwandelt, also gibt es in der Malerei überhaupt keinen Gegenstand der naturalistisch vergleichbar wäre.
16.4.98

Lebenslauf und der Versuch einer Darstellung meiner künstlerischen Arbeit
Am 11. Juli 1934 wurde ich in Leipzig geboren. 1936 zog unsere Familie nach Stralsund, wo ich nach 10jähriger Schulzeit im väterlichen Betrieb das Malerhandwerk erlernte.
Ab Herbst 1953 besuchte ich die Fachschule für angewandte Kunst in Heiligendamm, wechselte die Schule und ging für 1 Semester an die Meisterschule für das Kunsthandwerk in Westberlin. 1956 wurde ich Schüler von Prof. Manfred Henninger an der Akademie in Stuttgart. Dort wurden mir Auffassungen von Farbe und Raum vermittelt, die meinem persönlichen Empfinden und Denken entsprachen.
Durch den plötzlichen Tod meines Vaters ging ich nach Stralsund zurück, um den väterlichen Betrieb weiterzuführen und bestand die Meisterprüfung 1958. Unzufrieden mit der politischen Zeit der Kollektivierung und den persönlichen Verhältnissen mißlang eine erneute Flucht in die Bundesrepublik im September 1961. und ich wurde vom Staatssicherheitsdienst zu 3 Jahren + 2 Monaten Gefängnis verurteilt. Nach 2jähriger Haftzeit wurde ich entlassen, der Betrieb nachträglich enteignet und mir Arbeit auf unterster Ebene zugewiesen.
Meine inzwischen laufenden Bemühungen um Aufnahme in den Künstlerverband der DDR hatten Erfolg und ich wurde Mitglied des Verbandes 1969. Das sicherte die Selbständigkeit. Künstlerisch war ich in die Enge getrieben, dem sozialistischen Realismus konnte und wollte ich nicht huldigen und meine eigenen Auffassungen waren suspekt.
Die denkmalpflegerische Arbeit bot sich als gute Lösung des Problems an und so war der Lebensunterhalt für die Familie gesichert. Die Malerei führte ich fast unbemerkt weiter, das hatte den Vorteil, meine eigenen Vorstellungen unbeeinflußt von Partei und Staat zu entwickeln.
1989 starb meine Frau. Aber es mußte ja weitergehen. Ich hatte in der Folgezeit mehrere Ausstellungen in alten Bundesländern, Schloß Bevern (Holzminden), Hannover Bundesbahndirektion, Dortmund Galerie Wolnin, weitere Ausstellungen in Stralsund (Museum), Kunsthalle Rostock, Universität Greifswald (Katalog) und Museum Zwickau. Private Ankäufe, Museumsankäufe in Stralsund und Rostock folgten, sowie umfangreiche Aufträge für die Gestaltung von Kirchenfenstern in Dörverden (bei Verden), Calberlah bei Wolfsburg, Krummin (Usedom) und die komplette Innengestaltung der restaurierten Kapelle in Peenemünde.
Eine Herzerkrankung (Erweiterung) zwang mich ab 1996 in die Invalidität und mein Leben war nur noch durch eine Herztransplantation zu retten. Der rettende Tag kam, die Transplantation am 5.8.98 im Deutschen Herzzentrum in Berlin.
Nach einem Jahr Genesungszeit habe ich wieder Pläne geschmiedet, ein nicht mehr geschafftes Auftragswerk, “Vier Jahreszeiten”, konnte ich im vergangenen jahr vollenden. In diesen Arbeiten habe ich versucht, das Thema “Mensch und Natur” in Einklang zu bringen mit meiner Anschauung, daß Farbe und Form wandelbar sicch ergänzen, da sie Erscheinungen des Lichtes sind. Meine künstlerische Absicht für die Zukunft besteht in der Weiterführung, in der Verfeinerung dieser selbstgestellten Aufgabe.
HL
Frühjahr 2000
Entwurf, geschrieben anläßlich einer Stipendiumsbewerbung